Auch wenn seine Glanzzeit vorbei ist, erfreut sich der Muff einer stetig wachsenden Fangemeinde. Denn er hält nicht nur die Hände warm oder eignet sich bestens um Hochprozentiges ins Theater zu schmuggeln – ein Muff ist die perfekte Melange aus Handschuh und Tasche und gehört in jede klassisch ausgestattete Garderobe.
Am Anfang eines jeden Muffs steht dessen Innenleben. In der Regel besteht es aus einem mit Daunen gefüllten Beutel mit Eingriff für die Hände, einer Kordelschlaufe zum Tragen am Handgelenk und einem Zipp mit Innenfach auf der Rückseite. Die Muffbeutel gibt es in diversen Formen und Größen in Nähgeschäften zu kaufen oder man trennt sie aus einem alten Muff, dessen Fell nicht mehr ansehnlich ist, heraus und verwendet sie einfach wieder.
Wenn man sich einen neuen Muffbeutel kauft, befindet sich dessen Schnittmuster zumeist im Innenfach. Sollte der Schnitt einmal nicht dabei sein oder man ein altes Innenleben verwenden, muss zunächst der Schnitt abgenommen werden, um ihn später auf den Pelz übertragen zu können. Dazu den symmetrischen Daunenbeutel mit einer Seite flach auf ein ausreichend großes Stück Papier legen und festpinnen. Den Umriss des Muffs abzeichnen; dabei beim Eingriff ca. 2cm Mehrweite einzeichnen – sie wird später in den Beutel gestülpt und angenäht. Die so gewonnene Schnittvorlage ausschneiden und vorerst zur Seite legen.
Wird der Muff aus einem alten Pelz gefertigt, muss das Ausgangsstück zuerst aufgetrennt werden. Da man das Innenfutter, Wollvlies und diverse weitere Einlagen in der Regel nicht wiederverwenden wird, kann beim Trennen wie in diesem Beispiel vorgegangen werden. Sobald alle Teile getrennt vor einem liegen, kann man den Muffbeutel unter den Pelz halten und schauen, welches Stück einem am besten für den Muff gefällt und in welche Richtung die Haare laufen sollen. Wenn die Entscheidung getroffen ist, kann die Schnittvorlage auf den Pelz übertragen und dieser geschnitten werden (siehe unten).
Aus didaktischen Gründen wurde für diesen Blogbeitrag ein neues Silberfuchsfell als Muffbesatz gewählt. Wer einen nachhaltigen Fuchsmuff haben möchte, kann auf Rotfuchs zurückgreifen. Fuchs deshalb, da man meist nur ein Fell für einen Muff braucht und dieser mit längeren Grannen flauschiger – und wie ich finde – besser aussieht als mit kurzen Grannen wie Nerz oder Persianer.
Um mit dem Fell arbeiten zu können, müssen einige Punkte markiert werden. Zuerst wird der sogenannte Grotzen, die Fellmitte bezeichnet, die sich meist durch dunklere und längere Haare erkennbar ist. Mit einem Grotzenstecher wird von der Fell- auf die Lederseite gestochen, um dessen Lage am Leder zu markieren. Statt eines Grotzenstechers kann auch ein Kopierrad mit spitzen Zacken verwendet werden.
Man sticht also ein paar Mal gleichmäßig übers Fell verteilt in der Fellmitte von der Fellseite auf die Lederseite und verbindet auf selbiger die entstandenen Punkte miteinander. Anhand der so entstehenden Linie kann das Fell symmetrisch auf der Lederseite bearbeitet werden, ohne dass sich auf der Fellseite später eine schiefe Optik ergibt.
Als nächstes werden die Diechen angezeichnet. Das sind jene Stellen, an denen die Beine am Körper ansetzen und die beim Gehen oder Laufen gegen den Körper reiben. An den Diechen ist das Haar nicht wie im übrigen Fell entwickelt; sie sind entweder mehr oder weniger kahl, zumindest ist die Behaarung spärlicher als am übrigen Körper. Damit diese Kahlstellen später nicht im fertigen Stück störend auffallen, werden sie bezeichnet und meist ausgespart. Zum Bezeichnen das Fell auf die Haarseite legen und die Seiten soweit Richtung Fellmitte umklappen, bis die schütteren Stellen oben aufliegen. Mit einem Kugelschreiber durch die so gewonnene Kante fahren und die Diechen markieren.
Nachdem Grotzen und Diechen markiert sind, den Schweif knapp am Ansatz und den Kopf in einer geraden Linie hinter den Ohren abschneiden. Nun kann man die Schnittvorlage auf die bezeichnete Lederseite des Fells legen und sich anschauen, ob das Fell groß genug für den Muff ist. Meist ist dies nicht so, da ein Fuchs länger als breit ist und es sich beim Muff genau umgekehrt verhält. In diesem Fall kann man das Fell einlassen; eine Technik, bei der das Fell auf Kosten der Länge verbreitert wird.
Um einen Fuchs einzulassen fertigt man zunächst eine Kartonschablone an. Die Schablone ist ein gleichschenkeliges Dreieck, dessen Spitze einen 64° Winkel besitzt und dessen Basis in etwa so breit ist wie der Abstand der Diechen zueinander. Die Spitze kann dann noch erweitert und etwas abgeflacht werden, damit sich eine schönere Kurve ergibt. Anschließend noch die Mitte des Dreiecks bezeichnen.
Die Schablone wird auf die Lederseite des Fells gelegt, wobei die breite Seite Richtung Kopf schaut und die Spitze Richtung Schweif bzw. Pumpf. Am Grotzen werden – ca. 2cm vom Kopf beginnend – sechs 7cm breite Abstände angezeichnet; an diese Querzeichen wird die Basis des Dreiecks mittig angelegt, sodass Grotzen und Dreiecksmitte eine Linie bilden, und mit Kugelschreiber bezeichnet. Dadurch ergeben sich fünf ca. 3,5cm breite Streifen sowie eine Fellfläche bei Kopf und Pumpf, welche nummeriert werden. Zuletzt wird die Rückungsdistanz eingezeichnet; jene Weite, um die die Fellteile später ineinandergeschoben werden.
Die Rückungsdistanz richtet sich auch immer nach dem Fell; je länger die Haare sind desto weiter kann gerückt werden. Für den vorliegenden Fuchs wurden 3cm gewählt. Nun werden auf den zuvor markierten Schablonenlinien Querstriche gemacht – je einer am Anfang, in der Mitte und am Ende. Im Abstand von 3cm werden zu den Querzeichen weitere Striche eingezeichnet. Beim Nähen werden die einzelnen Bahnen dann jeweils um einen Strich weiter Richtung Fellmitte geschoben, wodurch das Fell breiter und kürzer wird.
Als nächstes werden die einzelnen Bahnen mit dem Kürschner- oder einem Teppichmesser geschnitten. Dies geschieht wie immer indem das Fell beim Schneiden angehoben wird, damit keine Haare mitabgetrennt werden. An der Spitze der jeweiligen Bahnen wird der Grotzen ca. 3,5cm weit eingeschnitten. Diesen Schnitt braucht es, um die einzelnen Bahnen einrücken zu können. Auch die bezeichneten Diechen können abgetrennt werden. Hier ruhig etwas Zugabe geben; wegschneiden kann man später immer noch, umgekehrt wird´s schwierig.
Nun können die einzelnen Bahnen zusammengenäht werden. Genäht wird mit einem 120er Polyesterfaden mit mittlerer Spannung und Stichweite, entweder mit der Kürschnermaschine oder per Hand mittels Dreikantnadel und Überwendlichstich, jeweils von der Fellmitte nach außen. Wenn von unten genäht wird – sprich vom Pumpf Richtung Kopf – lassen sich die Haare besser zwischen die Lederstreifen einstreichen, was das Nähen erleichtert. Die Nähte anschließend entweder mit dem Nahtroller oder dem Daumennagel ausstreichen, so dass sie flach daliegen.
Danach kann man das Fell einmal um den Muff legen und sich ansehen, welche Laufrichtung der Haare einem besser gefällt. Meist ist der Muff am schönsten, wenn der Kopf auf der Rückseite über dem Reißverschluss ansetzt und der Pumpf unterhalb des Zipps ist. Wenn das gewünschte Design feststeht, kann man den Schnitt auf das Fell übertragen und ausschneiden (siehe oben). Davor können noch die Seiten bzw. die im Muff verbliebenen Diechen mit einem Pelzretuschiers- oder Lederstift gefärbt werden, um die Kante, die sich ergibt, wenn das Fell um den Muff gelegt wird, so optisch etwas zu entschärfen. Finger weg von Permanentmarkern, da diese das Leder austrocknen.
Der Pelz wird anschließend an beiden Enden soweit zusammengenäht, dass der Reißverschluss freibleibt. Als Beispiel: wenn der Zipp 20cm breit ist vom Grotzen nach links und rechts jeweils 10cm markieren und ab diesem Punkt alles bis zur Fellseite zusammennähen. Hierzu wie beim Nähen der Streifen vorgehen (vgl. oben). Den Pelzmuff danach umdrehen und den Daunenmuffbeutel hineinschieben, so dass der Reißverschluss im Schlitz liegt.
Da der Fuchs langes und dichtes Haar hat, wird der Pelz vollkommen unter den Zipp geschoben und anstaffiert. Dadurch bliebt der Reißverschluss frei und Haare werden nicht so einfach abgerissen bzw. eingeklemmt. Bei kürzeren Fellarten wie Nerz kann der Pelz auch auf der Steppkante des Zipps angebracht werden. In beiden Fällen wird der Pelz per Hand mit einer Dreikantnadel und einem stärkeren Faden (z.B. ein 60er Polyesterfaden) offenkantig anstaffiert.
Um den Muff fertig zu machen, müssen noch die Seiten des Pelzes an den Daunenkörper genäht werden. Dazu den Muff umdrehen, so dass der Pelz innen und der Muffkörper außen ist. Die Pelzkanten nun mit ein paar festen Stichen – entweder per Hand oder mit der Kürschnermaschine – an einigen Stellen fixieren.
Als nächstes wie beim Reißverschluss den Pelz offenkantig per Hand mit einer Dreikantnadel und einem stärkeren Faden anstaffieren.
Wer möchte kann den Muff noch mit einer Kordel versehen, damit man ihn um den Hals bzw. über die Schulter Tragen kann. Dazu einfach eine Kordel in die gewünschte Länge schneiden, einmal durch den Muff ziehen, beide Enden mit Klebeband zusammenfügen und mit einem Lederstreifen ummanteln, auf den Textil- oder Superkleber aufgetragen wurde. Die Kordel wird dann mit ein paar Stichen per Hand mit einem stärkeren Garn (etwa ein 30er Saba) mittig auf den Muffkörper genäht.
Den Muff wieder umdrehen – et voilà!
P.S.: Die im Muff versteckte Flasche Vodka fällt gar nicht auf, oder?